Donnerstag, 3. Juli 2014

Die Piraten und die FDGO

Die Piraten diskutieren gerne und einige Piraten auch gerne über Dinge, über die man eigentlich gar nicht diskutieren kann - jedenfalls nicht, wenn man Pirat ist. Gemeint ist zum Beispiel die immer wieder aufkommende Diskussion über die freiheitliche-demokratische-Grundordnung, kurz FDGO. Diejenigen, welche diese Diskussionen immer wieder beginnen stammen zumeist aus dem linken Flügel der Piraten oder stehen diesem nahe. Die entsprechende Gegenreaktion kommt dann aus dem sozialliberalen Flügel der die FDGO als nicht diskutabel ansieht.

Beispiele hierfür gibt es nicht nur aus dem Inland, sondern auch aus dem Ausland. Gemein ist beiden, dass ihnen offenbar jegliches Verständnis fehlt, was die FDGO eigentlich ist und was sie ausmacht, dabei könnte schon ein Blick in die Wikipedia erhellend wirken.

Die freiheitliche-demokratische-Grundordnung bedeutet, dass


  • Die Staatsgewalt vom Volk ausgeht und durch Wahlen und Abstimmungen ausgeübt wird.
  • Die Judikative (Parlament) sich an die Verfassung und die Exekutive (Regierung, Polizei) an die Gesetze halten muss.
  • Man sich als Opposition betätigen darf, es also kein Ein-Parteien-System gibt.
  • Die Regierung ablösbar bleiben muss, also z.B. kein "Kanzler auf Lebenszeit" (Diktator) ernannt werden darf.
  • Gerichte unabhängig sein müssen und nicht etwa von der Regierung Urteile vorgefertigt werden.
  • Niemand das Recht hat, mit Gewalt die Regierung an sich zu reißen.
  • Die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte geachtet werden müssen.
Wer die FDGO also ablehnt oder in Frage stellt oder so wie die schweizer Piraten glaubt, die FDGO sei "ein Konzept, dass es außerhalb Deutschlands nicht gibt" zeigt, dass er entweder die FDGO nicht verstanden hat oder eben ein Extremist ist, vor dem wir unser Land schützen müssen. Für mich sind die oben aufgezählten Dinge nicht nur der Kernbereich der deutschen Demokratie sondern Deckungsgleich mit meinen persönlichen und den Idealen der Piratenpartei Deutschland.

Dienstag, 29. April 2014

Schiedsrichter in der Piratenpartei

Nach seeeehr langer Zeit reaktiviere ich mal wieder meinen Blog um ein paar längere Gedanken nieder zu schreiben. Anlass hierzu war zum einen der Blogpost von Markus Kompa in welchem er über das Bundesschiedgericht folgendes schrieb:

"Beim BPT13.2 in Bremen wurde das BSG überwiegend mit Personen aus dem Landesverband Berlin und den bekanntlich Berlin-orientierten JuPis besetzt. Entsprechend linientreu fielen denn auch die jüngsten BSG-Entscheidungen aus, für die man sich einfach nur noch schämen möchte."

Und zum anderen auch solche Tweets als Reaktion darauf:


Ich erspare es mir inhaltlich auf den Blog oder irgendwelche Tweets einzugehen, dazu wird gerade eh mehr als genug geschrieben. Vielmehr möchte ich mich auf unsere Schiedsgerichte und ihr Zustandekommen konzentrieren. Beim letzten LPT BaWü betrug die Zahl der Bewerber auf die 3 Posten im Schiedsgericht genau  0. Die Amtsinhaber waren Amtsmüde und haben sich nicht erneut aufstellen lassen und neue Interessenten gab es eigentlich nicht. Zum Glück erbarmten sich 3 Piraten, davon sogar ein Volljurist, und ließen sich aufstellen damit der Parteitag diese abnicken konnte - eine "Wahl", so wie ich das verstehe, sieht aber eigentlich anders aus.

Klar, wir 3 Richter sind nun "demokratisch legitimiert" aber für unsere politischen Einstellungen hat sich eigentlich niemand interessiert, man war froh jemanden gefunden zu haben der den Job macht. So wie einen Admin der die IT am laufen hält und sonst nicht politisch tätig wird... ähm... schlechtes Beispiel...

Ich war nun auf dem BPT nicht anwesend, aber laut Protokoll gab es auch dort 7 Kandidaten auf 6 Ämter und der 7.-platzierte durfte sich immer noch eines Ergebnisses von 61% erfreuen und ist nun Ersatzrichter. Offenbar bewerben sich - im Unterschied zu Vorstandsämtern - nur hochqualifizierte Kandidaten auf die Stellen als Richter. Honorige Piraten denen man im Zweifelsfall auch bei schwerwiegenden Abwägungen, die womöglich über das Schicksal der Partei entscheiden können, vertraut.

Beißt sich ein wenig, oder?

Bisher hatten wir mit unseren Schiedsrichtern eigentlich immer Glück. Liegt vermutlich daran, dass wirklich nur Piraten denen wirklich etwas an der Partei liegt einen solchen (wenig angesehenen?) Job auf sich nehmen. Wir Piraten sollten uns aber vielleicht auch mal Gedanken machen ob wir uns für alle Zeiten auf dieses Glück verlassen wollen und ob das Amt des Schiedsrichters bei uns nicht ein wenig zu gering angesehen und zu leichtfertig vergeben wird - von möglichen Kandidaten und solchen die sie dann "demokratisch legitimieren".

Montag, 19. September 2011

Kostenloser öffentlicher Nahverkehr – ein feuchter kommunistischer Traum der leider nicht finanzierbar ist?

8,9%! Der Wahlerfolg der Piraten in Berlin ließ einen ihrer Programmpunkte wie kaum einen anderen durch die Presse gehen, den kostenlosen ÖPNV. „Nicht finanzierbar“ sagen die einen, „kommunistische Tendenzen“ witterten schon die anderen bei den Piraten. Jedenfalls hätten die Piraten keine Ahnung wie das ohnehin überschuldete Berlin so etwas finanzieren soll.

Doch ist das ganze Thema wirklich so kompliziert oder unterliegen wir nur einer Denkblockade aufgrund jahrzehntelanger ideologischer Indoktrination? Halten wir doch einmal die Fußnägel flach bei dem bösen Wort „Steuererhöhung“ und denken einmal durch, was dies tatsächlich bedeuten würde. Wäre eine solche Steuererhöhung tatsächlich eine Mehrbelastung für den Bürger?

Fakt 1: Der ÖPNV wird bereits zum großen Teil aus Steuergeldern finanziert!
Der ÖPNV ist ein Zuschussgeschäft für unsere Gesellschaft. Jedem der nachts alleine im Zug sitzt dem sollte klar sein, dass von seinem 3.30 Euro-Fahrschein weder der Zug gewartet noch der Strom und der Lockführer bezahlt wird. Wäre das ÖPNV-Unternehmen ein reiner Wirtschaftsbetrieb, würden keine Züge mehr zu Zeiten fahren die sich finanziell nicht lohnen. Damit das nicht passiert, schießt der Staat eine erhebliche Summe an Geldern zu, aus Steuermitteln natürlich, diese machen oft bis zu 50% der Finanzierung aus. Wir alle bezahlen also bereits für den ÖPNV, letztlich bedeutet diese „revolutionäre“ Forderung der Piraten also nichts anderes, dass wir doch gleich alles bezahlen sollen statt nur die Hälfte und uns dann keine Gedanken mehr machen müssen ob nun die Zugfahrkarte oder doch das Auto günstiger ist.

Fakt 2: Volkswirtschaftlich ist ein kostenloser ÖPNV billiger!
Egal wie der ÖPNV finanziert wird, unterm Strich ist es immer der Bürger der ihn zahlt. Das Geld das in den ÖPNV fließt, ist immer für andere Wirtschaftsbereiche verloren denn Geld, das ist eine alte Weisheit, kann nur einmal ausgegeben werden. Rein Volkswirtschaftlich gesehen, ist es egal, welcher Bürger welchen Anteil am ÖPNV zahlt und auf welche Art und Weise ihm dieses Geld abgenommen wird, ob nun durch Steuern oder teure Fahrscheine.

Aus dieser Sicht ist nur die Gesamtsumme relevant die der ÖPNV kostet, eventuell wegfallende Kosten würden also für einen kostenlosen ÖPNV sprechen. Neben der Einsparung einer dreistelligen Zahl an Haftplätzen die ja bereits von den Piraten genannt wurden, sind dies natürlich auch nicht unerhebliche Ermittlungs- und Verfahrenskosten bei  Polizei und Justiz die sich allerdings wohl weniger in Euro als in frei werdenden Arbeitskapazitäten äußern dürften. Auch Fahrscheinautomaten sind nicht billig und Fahrausweiskontrolleure wollen auch bezahlt werden – letztere könnte man ggf. auch zur Verbesserung der Sicherheit in Bahnhöfen einsetzen.

Steigende Kosten sind allenfalls durch eine sicherlich ansteigende Zahl der Nutzer zu erwarten, denn mehr Nutzer bedeuten auch mehr Züge, zumindest in den Hauptverkehrszeiten. Doch werden nicht sogar alle Parteien nicht Müde den Bürger zur Verstärkten Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zu mahnen? Ausnahmsweise unterstelle ich den etablierten Parteien an dieser Stelle einmal, dass sie sich tatsächlich Gedanken dazu gemacht haben und interpretiere diese Einheitsmeinung dahingehend, dass ÖPNV besser ist als Individualverkehr und es daher von volkswirtschaftlichem Nutzen sein muss wenn mehr Bürger den ÖPNV nutzen.

Für den statistisch durchschnittlichen Bürger dürfte also keine Mehrbelastung durch den ÖPNV entstehen, im Gegenteil kann man sogar mit einer Entlastung rechnen. Nun gibt es diesen nur rechnerisch existierenden Bürger natürlich nicht, es gibt Bürger die mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und es gibt solche, die dies nicht tun. Würde man den kostenlosen ÖPNV flächendeckend in Deutschland einführen, so könnte man mit Mehrkosten pro Bürger von geschätzten 200 Euro im Jahr rechnen (rund 15 Mrd. Euro gesamt). Dem stehen natürlich die Einsparungen der Bürger gegenüber, die die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, hier in Stuttgart sind das bis zu 1.900 Euro für eine Jahreskarte.

Fazit: Von dem Vorwurf, der kostenlose ÖPNV sei nicht finanzierbar, ist nicht wirklich viel übrig geblieben. Fraglich ist lediglich der Wille ob man die Kosten hierfür vollständig sozialisieren will oder nicht. Wer dagegen ist, nimmt nicht nur höhere Kosten in Kauf sondern auch, dass sich eine Vielzahl von Personen gegen den ÖPNV und für das Auto entscheidet. Wer dafür ist wird einer Mehrheit von Personen etwas höhere Kosten in Höhe von rund 17 Euro im Monat auferlegen die diese Dienstleistung des Staates nicht in Anspruch nehmen – was aber letztlich ihre Entscheidung ist.

Der kostenlose ÖPNV ist sicherlich sozialer, senkt er doch gerade bei den Personen die Mobilitätskosten dramatisch, die sich eben kein Auto leisten können. Ökologischer ist ein kostenloser ÖPNV durch die erwartete höhere Nutzung auch allemal, gerade die Grünen und die SPD sollten also ernsthaft in sich gehen, ob sie diesen Vorstoß der Piraten nicht unterstützen sollten, eine breite Mehrheit wäre ihnen in Berlin dann auf jeden Fall sicher.

Sonntag, 15. Mai 2011

Die Mimimiokratie - ein politisches Erfolgskonzept?

Dieses Wochenende ist Bundesparteitag und zwar bei der FDP und bei den Piraten. 2 Parteitage die viel unterschiedlicher kaum sein können: Die FDP hat ihren von einer handvoll Mitglieder ausgekundelten Kandidaten für das Amt des Bundesvorsitzenden im Schnellverfahren mit rund 95% der Stimmen durchgewunken, die Piraten wählen Basisdemokratisch zwischen 9 Kandidaten und wählen ihren neuen Vorsitzenden mit "nur" 60% der Stimmen.

Dass es im Anschluss an diese Wahl zu keinen Verletzten bei den Piraten kam, scheint für den aufmerksamen Twitter-Leser aber an ein Wunder zu grenzen. Von Basisdemokratie kann aus diesem Blickwinkel kaum noch die Rede sein, denn dies würde bedeuten, die Entscheidung der Mehrheit zu akzeptieren, auch wenn der persönliche Wunschkandidat unterlegen ist. Die große Mehrheit der Piraten hielt sich auch an dieses Grundkonzept einer Demokratie und gratulierte dem neuen Vorsitzenden Sebastian Nerz, nicht so einige Anhänger des unterlegenen Kandidaten Christian Lauer. Schon vor und während der Wahl wurde Stimmung gegen den absehbar stärksten Herrausforderer ihres Favoriten gemacht, zunächst völlig legetim und sachlich:

Dann jedoch zunehmend unsachlich und polemisch:

Bei o.g. Beispielen handelt es sich um ein und den selben Nutzer von dem ich sicher weiß, dass es sich um einen Piraten handelt. Dankenswerterweise war diese unterschwellige Andeutung der bis jetzt traurige Höhepunkt in seiner Timeline, andere Tweets waren da deutlich weniger zurückhaltend:


Ich vermute mal, bei letzterem handelt es sich nicht um einen Piraten und damit war er auch nicht auf dem Bundesparteitag. Es drängt sich der Verdacht auf, dass er die über Twitter veröffentlichte Stimmung aufgenommen und mit seiner eigenen politischen Einstellung ergänzt hat.

Auch wenn dies der härteste Tobak war, den ich bis jetzt gefunden habe, Anfeindungen gegen einen noch nichtmal einen Tag im Amt befindlichen Vorsitzenden gibt es mehr als genug. Offenbar halten manche Piraten Basisdemokratie für eine tolle Sache solange die Basis ihrer Meinung ist. Doch das ist keine Basisdemokratie sondern Mimimiokratie, das (versuchte) durchsetzten der eigenen Meinung, auch gegen die Mehrheitsmeinung, mittelt möglichst plakativem Flamewar. 100 Tage Schonfrist wie es für jeden neugewählten Amtsträger üblich ist? Das scheint bei einigen Piraten nicht zu gelten

Nicht nur, dass wir damit ein katastrophales - wenn auch sachlich falsches - Außenbild vermitteln, wir lasten Sebastian Nerz damit gleich zu Beginn seiner zunächst nur 1-jährigen Amtszeit eine Bürde auf, die es ihm sicherlich schwerer machen wird sein Amt so auszuüben, wie wir es zurecht von ihm erwarten dürfen. Ausgerechnet von vornehmlich berliner Piraten wird der neue Kapitän der Piraten unter Beschuss genommen. Sie riskieren damit nicht nur, dass bei den Menschen zur Landtagswahl im Herbst das Bild von heillos zuerstrittenen Piraten vorherrscht und vielleicht ausgerechnet der Nazisatz verknüpft mit den Piraten im Gedächnis bleibt, sie riskieren die ganze Partei!

Der beste und intelligenteste Satz des gestrigen Tages kam nicht von einem der beiden Kandidaten, er kam bei einem Redebeitrag von einem Piraten aus Jena: "Wir sind Piraten, wir lassen uns nicht von einem Vorsitzenden auseinanderdividieren!" (Nichtwörtliches Gedächniszitat). So hätte ich mir die Reaktion von allen Piraten gewünscht. Wir haben nun einen neuen Vorsitzenden, die einen haben ihn gewählt, die anderen nicht. Wäre der Parteitag in Berlin gewesen, vielleicht würde er nun anders heißen, vielleicht aber auch nicht.

Wichtig ist aber nicht die Person unseres Bundevorsitzenden, wichtig ist, wie es nun mit den Piraten weiter geht. Wir können uns zerstreiten und gemeinsam untergehen, oder wir können uns auf das besinnen was wir sind: Wir sind ALLE Piraten!

Darum auch mein Appell an ALLE Piraten: Gebt Sebastian die Chance die er verdient hat. Überzeugt euch selbst davon was er tut und was nicht. Wenn er Euch nicht gefällt, habt ihr in einem Jahr die Möglichkeit die Entscheidung des Parteitags in Heidenheim zu revidieren, doch bis dahin sollten wir alle an einem Strang ziehen (Bevor es an dieser Stelle zu Mißverständnissen kommt: Ich meine die selbe Seite des Stranges!) Die Baden-Württemberger und Bayerischen Piraten wollen genauso sehr, dass ihr in Bremen und Berlin erfolgreich seit wie ihr selbst, also lasst uns das gemeinsam anpacken.

Sonntag, 10. April 2011

Totgesagte leben länger!

Noch vor nicht allzu langer Zeit stimmte die FDP gemeinsam mit der CDU/CSU gegen die Aufhebung des Zugangerschwernisgesetzes, doch sinkende Umfragewerte und Wahlergebnisse ließen die FDP-Fahnen nun sehr schnell die Richtung ändern. Nun ist das Gesetz gekippt und die FAZ sieht keinen Sinn mehr in der Existenz der Piratenpartei, schließlich haben die etablierten Parteien doch jetzt große Teile ihrer Forderungen übernommen. Man kann es auch anders ausdrücken: Da haben die etablierten Parteien über Jahre hinweg entgegen jeder fachlichen Meinung Gebetsmühlenartig ihre Forderungen aufrechterhalten. Nun, da sie festgestellt haben, dass es zu viele Bürger gibt die nicht darauf reinfallen und auch deshalb die Wahlergebnisse ihre Macht gefährden, geben sie doch noch zu Falsch gelegen zu haben. Und wer ist damit Überflüssig? Nicht etwa der wo falsch gelegen hat – Gott bewahre – nein, die wo richtig lagen sind damit überflüssig geworden!

Wer jetzt glaubt, die Piraten haben keine Berechtigung mehr, der sollte sich fragen, wer denn beim nächsten Mal, wenn den Scharfmachern etwas Neues einfällt, dagegen aufstehen soll. Soll für jedes kommende verfassungswidrige Gesetz eine neue Partei gegründet werden? Oder glauben diese Träumer gar, die Zeit solcher Gesetze wäre nun endgültig vorbei? Ich wünsche frohes Träumen, denn es hat gerade mal einen einzigen Tag seit der Ankündigung! des Endes des Sperrgesetzes gedauert bis sich die nächsten Stimmen meldeten, dass man für dieses Zugeständnis aberauch was haben will. Politiker sein ist toll: Ich liege Falsch, untermaure meine falschen Ansichten mit erfundenen „Fakten“ und bezichtige die, welche dagegen aufbegehren für Kinderpornos zu sein. Wenn ich irgendwann nicht mehr damit durchkomme weil sich unter dem Eindruck von Existenzängsten bei meinem Koalitionspartner die Erinnerung regt, dass man eigentlich ja FÜR Bürgerrechte ist, dann will ich mir das aber wenigstens noch bezahlen lassen, z.B. mit neuen Gesetzen um meine verdächtige Bevölkerung zu bespitzeln. Und ob das Zugangserschwernisgesetz nicht über den Umweg EU doch noch kommt, bleibt sowieso abzuwarten.

Update 10.04.2011: Schon vor posten dieses Beitrags, wurde ich nun schon wieder von der Wirklichkeit überholt. Der nächste Anlauf für Websperren ist schon da! Doch nicht mißbrauchte Kinder sind das Motiv (für das selbst der entschiedenste Gegner noch ein gewisses Maß an Verständnis aufbringt) sondern nun sind es wohl die Staatlichen Einnahmen aus dem vom EuGH kritisierten Glücksspielmonopol. Vorne rum, gibt man die Websperren auf damit die FDP einen Erfolg hat und vielleicht wieder gewählt wird und hinten rum führt man sie in möglichst geheimen Verhandlungen wieder ein. Für mich gibt es dafür nur einen Begriff: Bürgerverarsche!

Liebe FAZ und sonstige Leichtgläubige: Die Zeiten in denen wir Piraten darauf angewiesen waren, dass vom Tisch der hohen Politik ab und an was zu Fressen für uns runter fällt sind vorbei, auch wenn ihr noch so sehr die Augen davor verschließt. Selbst ohne neue Gesetze bietet unsere Republik so viele offenen Wunden, dass wir da noch jahrelang die Finger reinlegen können. Und inzwischen haben wir auch Konzepte die über ein „Dagegen“, wie es die CDU ihren politischen Gegnern gerne vorwirft, weit hinausgehen – und das ganze sogar frei von politischen Dogmen in denen sich andere Parteien verfangen haben. Ihr wollt immer noch die Vorratsdatenspeicherung, wir nicht. Ihr streitet um 5 oder 8 Euro Erhöhung beim Harz4-Satz und werft gleichzeitig den Banken hunderte von Milliarden Euro in den Rachen, wir würden das Geld gerne etwas anders verteilen. Wir stehen zu unseren Grundsätzen während ihr aus parlamentarischen Zwängen auch schon mal gegen Eure angeblichen Überzeugungen entscheidet. Für Euch ist die Politik Mittel zum Machterhalt, für uns ist sie die Chance etwas zum Besseren zu ändern!

Mit 2,1% haben die Piraten bei der Landtagswahl 2011 in Baden-Württemberg ihr bisher bestes Wahlergebnis in Deutschland erreicht, auch wenn die FAZ glaubt, niemand spricht mehr über sie. Zusammen mit dem AK Zensur und anderen engagierten Gruppen haben die Piraten den großen Parteien (und der FDP) einen derart kalten Wind ins Gesicht geblasen bis sie starr vor Angst umgefallen sind. Überflüssig sieht anders aus…

Mittwoch, 30. März 2011

Piraten würden (bitte Partei einfügen) wählen!

Fast alle etablierten Parteien scheinen der Ansicht zu sein, Piratenwähler seien eigentlich verirrte Anhänger ihrer eigenen Partei. Insofern sieht man in den Piraten auch gerne eine kurzfristige Modeerscheinung die vorbei sei, sobald ihre Anhänger wieder "Vernunft" angenommen hätten. Der Wahlkampf in Baden-Württemberg zur Landtagswahl 2011 hat aber meiner Ansicht nach vor allem eines deutlich gemacht: Selbst in Lagerwahlkampf in dem beide Seiten der Ansicht sind, jede einzelne Stimme zu benötigen um ihr Ziel zu erreichen, haben sich die Piraten stabil gehalten. Die Kernwähler der Piraten sind also keine Wähler die nicht so recht wissen, wieso sie eigentlich die Piratenpartei wählen und sich für eine angeblich "höheres Ziel" wie das Absägen eines Ministerpräsidenten  davon überzeugen zu lassen eine andere Partei zu wählen, als es ihren Überzeugungen entspricht. Bei zukünftige Wahlen, bei denen es diese Polarisierung nicht geben wird, erwarte ich, dass die Piraten ihre Stimmanteile sogar noch erheblich ausbauen werde.

Wieso gelingt es den etablierten Parteien nicht die Anhänger der Piraten abzufischen? Sowohl die Grünen, die Linken und sogar die FDP haben sich hierum bemüht und waren nicht wirklich erfolgreich. Doch wie kommen 2 so gegensätzliche Parteien wie die FDP und die Linken eigentlich darauf sich um die selbe Wählergruppe zu bemühen? In ihren Augen scheinen die Piraten wohl eine politisch unförmige Masse zu sein die sich Quer über das gesamte Parteienspektrum verteilt, geeint lediglich durch die - in ihren Augen sowieso unwichtige - Netzpolitik. Es ist sicherlich richtig, dass die Piraten eine sehr breite Anhängerschaft haben: Von Beamten, Unternehmern über Arbeiter und Studenten bis hin zu Arbeitssuchenden ist bei ihnen alles zu finden, das einzige Thema Internet könnte diese gegensätzlichen Interessen niemals langfristig zusammen halten.

Doch die Piraten eint mehr als die Netzpolitik und dies ist auch der Grund dafür, dass man sie nicht in das klassische Rechts-Links-Schema einordnen kann. Um die Position der Piraten darzustellen, benötigt man eine 2. Dimension:
                                      Quelle: http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/d/d6/Wertedreieck.png

 In dieser Darstellung sieht man relativ deutlich, dass die Piraten sich selbst als relativ fern zu den anderen Parteien einstufen (Es handelt sich wie gesagt um eine Einstufung der Piraten, andere Parteien mögen ihre eigenen Positionen anders sehen). Vermutlich sind gerade die Linken besonders erstaunt darüber, dass sie sich weiter von den Piraten entfernt wiederfinden als die Grünen, die SPD und sogar die FDP. Woran liegt das? Nehmen wir anhand dieses Schemas die 2. Dimension doch noch einmal zurück und verbinden von der Libertär-Ecke aus die Parteien mit der Rechts-Links-Linie:

Sehr schnell wird hier klar woher der Trugschluss über die Position der Piratenpartei stammt, sie liegt unmittelbar neben der der Grünen und auch noch ganz in der Nähe der Linken. Ohne Betrachtung der libertären Komponente liegt die FDP hingegen sehr weit entfernt von den Piraten.

Natürlich ist das klassische Schema nicht völlig Falsch und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die Piraten sehr viele Positionen mit den Grünen und auch mit den Linken teilen. Man sieht auch, dass die Linien der Linken bis hin zur SPD den weiteren Bereich der Piratensphäre streifen, doch stellen diese Überschneidungen die Piratenanhänger nicht zufrieden, zu groß ist die Entfernung der Parteien in der um den libertären Faktor erweiterten Betrachtung.

Doch was bedeutet dieses Wertedreieck nun eigentlich für die Positionen der Parteien? In Bezug auf die Piratenpartei wird zunächst einmal deutlich, dass sie sich in einem Bereich befindet, der relativ Frei von anderen Parteien ist. Sie ist eben nicht "noch eine unnötige Linkspartei" deren Flügel besser daran täten sich der SPD, den Grünen oder den Linken anzuschließen. Ihr ideologischer Schwerpunkt ist weder im rechten noch im linken Spektrum verankert sondern liegt im Freiheitlichen. Doch im Unterschied zur FDP verstehen wir darunter nicht vordringlich Wirtschaftliberalität, sondern Liberalität in ihrer ursprünglichen Bedeutung: Die persönliche Freiheit des Einzelnen, den Schutz seiner Rechte gegenüber dem Staat! Das ist es vermutlich, was schon Politiker der FDP zum Übertritt zu dieser angeblich so linkslastigen Partei bewogen hat.

Wieso tauchen die Piraten ausgerechnet heute auf und nicht schon vor 30 oder 40 Jahren? Ich persönlich denke, die Piraten sind eine direkte Folge des Endes des Ost-West-Konfliktes und des Kampfes gegen den Terrorismus. Nachdem der westliche Kapitalismus nach der Bankrotterklärung des Kommunismus praktisch "Alternativlos" wurde, zeigte er im Rahmen der Globalisierung immer mehr sein häßliches Gesicht was zunächst in die Stärkung der Linkspartei mündete, da die SPD diesen neuen Kurs vor allem in den Harz-Gesetzen mittrug. Doch auch das Internet, dieser vermeintlich größte Marktplatz der Welt, geriet in dieser Zeit zunehmend in den Fokus der Unternehmen und der Politik, nicht nur als Chance, sondern auch als Bedrohung. "Internetpiraten" war als Schimpfwort gemeint gegen Leute, die den Vorrang des Profits zu unterlaufen drohten. Diese Internetpiraten waren es dann auch, welche die Keimzelle der Piratenpartei bildeten, doch waren diese noch beschränkt auf ein einziges Thema und wurden daher nicht ernst genommen.

2001 entfachte ein neuer globaler Konflikt, der sogenannte Kampf gegen den weltweiten Terrorismus. Im Zuge dessen glaubte man neue Gesetze zu benötigen denn die alten Gesetze, mit deren Hilfe man sogar mit der RAF fertig geworden waren, schienen plötzlich zu schwach. Oder war es auch nur der Glaube sowieso "Alternativlos" zu sein und sich deshalb nicht um Bedenken kümmern zu müssen?

Passagierflugzeuge abschießen, das Bankgeheimnis aufheben, heimliches Durchsuchen von Computern, möglichst lückenlose Überwachung öffentlicher Plätze, Datensammlungen die man auch Bedenkenlos an Staaten übermittelt welche Folter praktizieren und Menschen ohne Anklage einsperren nachdem sie sie aus anderen Ländern entführt haben - nichts schien mehr Undenkbar. Und wer dagegen oppunierte, der wurde dann schonmal zu einem Verräter der die Todesstrafe verdient.

In einem Punkt hatten die Scharfmacher der CDU recht: Sie waren Alternativlos! Die Linken waren zu sehr in ihrer linken Ecke verfangen um glaubhaft dagegen aufzubegehren, hatte ihre Vorgängerpartei doch nicht so viel anders in der DDR gehandelt. Die SPD leckte sich gerade erst die Wunden der Schröder-Herrschaft und war bei weiten Teilen der Bevölkerung wegen den Harz-Gesetzen unten durch. Die Wähler der Grünen stammten zwischenzeitlich zum großen Teil aus dem eigentlich konservativen Bürgertum das sein ökologisches Gewissen beruhigen wollte und ansonsten hauptsächlich um seine finanzielle und körperliche Sicherheit besorgt war - wer sollte sich also dem Sicherheitswahn glaubwürdig entgegenstellen?

Die Piratenpartei nahm sich dieser Themen an und bekam plötzlich enormen Zulauf von jungen, gebildeten und gut informierten Menschen die unter den etablierten Parteien keine Alternativen fanden. Sie positionierte sich in der großen weißen Fläche, weitab von den anderen Parteien und bedienten sich in bester Piratenmanier schamlos an deren Programm: Umweltschutz, Bildung und soziale Verantwortung ergänzten das bisherige Parteiprogramm während man gleichzeitig auch nach neuen Ansätzen wie eine Anpassung des Urheberrechts sucht.

Ich weiß nicht, wie es mit der Piratenpartei weiter gehen wird. Sie hat auf jeden Fall die Grundlage sich im bestehenden Parteiengefüge einen festen Platz zu erkämpfen. Verhindern wird sie dies nur selbst können, die alten Parteien haben wieder einmal zu langsam reagiert, weil sie die Internet-Nerds zu lange belächelt haben und dies teilweise sogar immer noch tun. Die ersten Teilnahmen an Wahlen sorgen nun für eine bessere finanzielle Ausstattung der Piraten, etwas, was absolut notwendig ist um die nun erreichte Grenze von der Nieschenpartei zu einer im Parlament vertretenen Kleinpartei zu überschreiten. Ich denke die Wahl in Berlin wird zeigen, wieweit dies vielleicht schon Zeitnah gelingt.